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„Social Networks kommen und gehen, Blogs bleiben“

Karl-Heinz Wenzlaff (blogtrainer.de)

„Macht 2012 zum Jahr der Blogs“ – der Appell von Sascha Lobo auf der re:publica im Mai löste eine neuerliche Diskussion über die Bedeutung von Blogs aus – auch unter Kommunikationsfachleuten. Karl-Heinz Wenzlaff ist einer der erfolgreichsten Trainer und Berater für Social Media in Deutschland (blogtrainer.de). Seit 2006 richtet er in vielen Städten WordPress-Schulungen, Facebook-Business-Trainings und Social-Media-Workshops aus. Von ihm wollte ich wissen, ob Corporate Blogs in Deutschland doch noch Erfolgsgeschichte schreiben.

Mit dem Hype um Facebook sah es lange so aus, als würden Blogs als PR-Instrument in Vergessenheit geraten. Seit Ende 2011 scheinen sie ein Comeback zu feiern – Corporate Blogs waren das Sommerthema der PR-Branche. Ist 2012 das Jahr der Corporate Blogs in Deutschland?

Blogs sind seit 2000 mit der Entstehung der ersten Business- und Corporate Blogs kontinuierlich und weltweit in einem Aufschwung. Dem konnten auch Facebook und andere Social Networks nichts anhaben. Im Gegenteil: Facebook und Twitter, Google+ und Xing,  Slideshare und Pinterest wirken heute als gute Katalysatoren und Multiplikatoren für die Verbreitung von Bloginhalten.

WordPress als  früheres Blogsystem erlebte 2011 und 2012 einen Siegeszug zum heute weltweit populärstes Content Management System (CMS) für neue Websites. Auch das trug dazu bei, dass Blogs auch im Business immer stärker akzeptiert werden und heute allgegenwärtig sind.

Zahlen zu Blogs sind rar. Klaus Eck ging 2007 von etwa  3.000 Unternehmensblogs in Deutschland aus. Was schätzen Sie: Wie viele Corporate Blogs gibt es hierzulande aktuell?

Man nennt Corporate Blogs heute oft nicht mehr „Corporate Blogs“. Sie heißen oft  „Social Media Newsroom“ oder einfach „Aktuelles“ oder „News“, funktionieren aber wie Blogs. Hier bieten Unternehmen Informationen über ihre Produkte und Leistungen aus erster Hand und lassen ihre Leser darüber diskutieren.

Fast immer steckt dahinter auch der Vorsatz, mit frischen und authentischen Inhalten Suchmaschinen zu füttern und damit neue Leser auf die umgebende Website, auf die eigenen Landing Pages oder in den eigenen Online-Shop  zu locken.

Sehen Corporate Blogs heute technisch oder inhaltlich anders aus als noch fünf oder sechs Jahren? Was hat sich verändert?

Technisch hat sich vor allem geändert, dass WordPress ein vollwertiges CMS geworden ist und nicht nur den Markt der Blogsysteme, sondern nun auch den der CMS dominiert. Mit WordPress ist es sehr leicht, seine Website mobiltauglich zu gestalten. Sie nutzen einfach eins von vielen Templates mit „Responsive Design“ und ersparen sich dadurch doppelte Entwicklungskosten für eine zweite, mobile Website. Manche Online-Agenturen hören diese Nachricht zwar nicht so gern, da sie ihre Kunden gern ein zweites Mal „abkassieren“ würden. Faire Agenturen schenken ihren Kunden dagegen reinen Wein ein und bieten oft von sich aus eine WordPress-Website mit responsivem Design an.

Inhaltlich hat sich vor allem geändert, dass Corporate Blogs heute fokussierter sind als vor einigen Jahren. Blogs, die die komplette Breite der Unternehmenskultur spiegeln oder eine „gläserne Produktion“ vorführen wollten, sind oft an diesem Anspruch gescheitert. Es ist erfolgreicher, sich gezielt konkrete Produkte, Produktgruppen  oder Dienstleistungen aus dem eigenen Portfolio herauszupicken und diese im Corporate Blog zu thematisieren. Das hilft vor allem bei der Markteinführung neuer Produkte,  schnell gute Suchmaschinenpositionen bei umkämpften Suchbegriffen zu erreichen. Wenn ein Corporate Blog gut optimiert ist und die Autoren wissen, worauf sie achten müssen, bewirkt das Blog immer noch „SEO-Wunder“. Ein Corporate Blog ist – wenn richtig angewandt – der Dreh- und Angelpunkt im Content Marketing eines Unternehmens.

Welche Fragen stehen für die Teilnehmer Ihrer Workshops heute im Vordergrund?

Meine zweitägigen Blog-Workshops spannen den weiten Bogen von der Konzeption der Website über die Installation und optimale Konfiguration von WordPress bis hin zu Suchmaschinenoptimierung und Promotion der Corporate Website und des integrierten Corporate Blogs.

WordPress hat inzwischen rund 20.000 Plugins, folglich spielen die Auswahl der richtigen Plugins und die dazu notwendigen Auswahlkriterien eine Rolle. Natürlich geht es auch um das Zusammenspiel zwischen Blog und anderen Social Media und immer wieder um SEO, SEO nochmals SEO. Schließlich ist ein Corporate Blog kein Selbstzweck, sondern dient in der Regel dazu, Besucher, Interessenten, potentielle Käufer und Kunden anzuziehen und zu binden.

Was ist die große Stärke von Blogs gegenüber Präsenzen in Social Networks wie Facebook oder Google+?

Man kann es auf einen kurzen Satz bringen: Social Networks kommen und gehen, Blogs bleiben.

Blogs, insbesondere Corporate Blogs, werden ja auf dem eigenen Webspace aufgesetzt und nicht auf einer fremden Plattform. Somit unterliegen sie nicht der Willkür, Lust und Laune eines Fremdanbieters. Bloginhaber entscheiden selbst, wie, in welchem Kontext und wie lange sie ihre Texte und visuellen Inhalte präsentieren. Sie entscheiden auch, wo und mit welchen Attributen sie Links auf andere Inhalte setzen und diese in den Suchmaschinen nach vorne bringen.

Bei Social Networks dagegen setzt der Plattformbetreiber oft einen sehr engen funktionalen Rahmen, der die Posts für Content Marketing und Suchmaschinenoptimierung  meist wertlos macht.  Ältere Posts sind schwer erreichbar und sind schlecht durch Suchmaschinen indexiert. Darüber hinaus kommt es auf Social Networks auch zur Löschung von einzelnen Inhalten oder kompletten Unternehmensseiten durch die Plattformbetreiber. Als betroffenes Unternehmen können sie sich nicht dagegen wehren, denn in der Regel haben sie keinen verbindlichen Vertrag mit Herrn Zuckerberg oder dem jeweiligen Social-Network-Betreiber. Eine Facebook-Präsenz zum Beispiel bauen Sie komplett auf fremdem Boden, ihr eigenes Corporate Blog  dagegen ist so etwas wie ein „Digital Asset“.

Welche Branchen sind besonders engagiert beim Bloggen und wo herrscht eher Zurückhaltung?

Besonders erfolgreich sind Corporate Blogs schon immer in der Food- und Beverage-Branche. Das liegt daran, dass man über viele dieser Produkte trefflich diskutieren kann. Überall, wo vermeintlich  guter und vermeintlich schlechter Geschmack aufeinandertreffen, findet man interessante Corporate Blogs mit vielen Kommentaren und einer großen Stammleserschaft. Schauen Sie sich einmal in der Weinwirtschaft um: Dort finden Sie zahlreiche tolle Blogs von Winzern, kleinen und großen Weingütern, Weinhändlern und großen Versandhändlern. Aber auch in der Automobilindustrie, in der Textilbranche und im Markt der Schönheits- und Gesundheitsprodukte haben Corporate Blogs weiter Konjunktur.

Ganz ausgezeichnet funktionieren Business-Blogs aber auch in allen beratenden Berufen, vom Rechtsanwalt, über den Steuerberater, Trainer, Coach bis zum Unternehmensberater.

Was sollten Unternehmen unbedingt beherzigen, wenn Sie ein Blog aufsetzen? Welche Fehler werden Ihrer Erfahrung nach am häufigsten gemacht?

Blogs sind ja Social Media per se. Deshalb kommt es enorm auf die Persönlichkeiten der Corporate-Blogger an. Zeigen Sie deren Gesichter, stellen Sie sich und ihre Autoren namentlich, mit Foto und Kurzbiografie den Lesern vor.

Häufige Fehler? Manchmal sieht man, dass Kommentare einfach ignoriert werden. Auch die „Vorabprüfung“ von Kommentaren ist ein Kommunikationskiller und führt dazu, dass eine Diskussion gar nicht erst entsteht.

Und was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren?

Versuchen Sie immer, Gespräche in Gang zu bringen. Dazu gehört, dass ein Corporate Blog aktiv Themen aufgreifen muss, deren Diskussion einen konkreten Mehrwert für die Leser bietet. Das können auch Themen sein, die aktuell in der Branche kontrovers diskutiert werden, Themen die polarisieren.

Ihr Blick in die Glaskugel:  Werden Blogs als Instrument der Kommunikation von Unternehmen doch noch Erfolgsgeschichte schreiben? Welche Entwicklungen erwarten uns im nächsten Jahr?

Ich meine, dass Corporate Blogs schon immer erfolgreich waren, wenn sie nicht als „Tagebücher“, sondern als Werkzeuge zum Content Marketing verstanden und eingesetzt wurden.

Ein Beispiel: Knapp 1.000 Artikel auf meinem eigenen Business-Blog www.blogtrainer.de bringen mir kontinuierlich 500 Besucher pro Tag, vor allem von Suchmaschinen und aus den Social Networks. Sie generieren Jahr für Jahr einen sechsstelligen Umsatz, ganz ohne zusätzliche Akquise oder gar Kauf von Google Adwords.

Generell  erwarte ich, dass 2013 wieder mehr Unternehmen erkennen, dass ein eigenes Corporate Blog viel besser als primäre Publishing-Plattform und als Social-Media-Hub taugt als jedes noch so gehypte Social Network.

Herr Wenzlaff, herzlichen Dank für das Interview und Ihnen ein erfolgreiches 2013!

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